Ein Chalet in den Niederlanden
… die Überschrift klingt doch gut 😀 Was steckt dahinter?
Die Familie möchte spontan mit dem Wohnwagen zum Campen nach Winterswijk. Das liegt direkt hinter der holländischen Grenze und ist von uns aus einer netter Kurztrip. Nur das WoMo ist leider nicht startklar. Es hat einen Schaden am Unterbau, den wir nicht selbst beheben können, und wir finden aktuell keine passende, bezahlbare Werkstatt.
Chalet, Mobilheim, Bungalow …
Als Alternative wollten wir schon immer mal ein “Chalet” mieten – eines dieser kleinen Ferienhäuser, die in den Niederlanden vielfältig angeboten werden, auch auf Campingplätzen.
Im Internet stoßen wir auf eine verwirrende Auswahl an Mobilheimen, Ferienhäusern, Chalets, Bungalows, Standcaravans, Glamping-Hütten und vielen, vielen weitere Begriffen. Und alle Anbieter nennen ihre Unterkünfte so, wie sie es gerade für richtig halten … es ist nicht ganz einfach, da durchzusteigen (eine Liste der besten Suchseiten folgt gelegentlich).
Fündig werden wir auf dem “Het Winkel” Camp:
buchen.hetwinkel.de/unterkunftsdetails/1/Bungalow-4-Personen
Het Winkel ist neben De Twee Bruggen allerdings einer der “Platzhirsche” in Winterswijk, und das lassen die sich natürlich mitbezahlen. Nur ein paar Kilometer weiter außerhalb wäre es bereits günstiger gewesen. Daher werden wir beim nächsten Mal anders vorgehen: mittels Google-Satellitenbildern werden wir gucken, wo es uns gefällt, und dann im Umkreis suchen. Ja, beim nächsten Mal – denn vorweg: wir waren begeistert und werden sowas wieder machen!
Kleines Reisetagebuch
Freitags starten wir bei bestem Wochenendwetter. Uns fällt positiv auf, dass wir tatsächlich sehr viel weniger vorbereiten müssen als beim WoMo. Daher sind wir recht entspannt und zeitig unterwegs. Gegen Mittag erreichen wir Winterswijk. Hurra, endlich wieder in den Niederlanden!
Der erste Stop führt wie immer zum Prijshammer Schnäppchenmarkt, um dort eine Frikandel zu futtern (wird übrigens hinten betont, also Frikan_del).
Das ist eine Art “Hackwürstchen”, meistens aus Rind- oder Hühnerfleisch. Nichts zu verwechseln mit dem, was wir in Deutschland unter “Frikadelle” verstehen, denn das heißt hier – sehr anschaulich – “Gehaktbal” 😀
Die erste Frikandel ist ein Ritual seit vielen Jahren. Jedoch müssen wir erschrocken feststellen, dass unser üblicher Imbiß-Stand “De Dukdalf” beim Prijshammer die Corona-Zeit anscheinend nicht überlebt hat. Jedenfalls sieht er dauerhaft geschlossen aus.
Das Ende einer Institution! Hoffentlich gibt es einen Nachfolger, der auch die witzige Optik des Ladens übernimmt.
Also fahren wir einen Kilometer zurück, denn am Hotel Lindeboom gibt es einen Imbißwagen, der ebenfalls Frikandel und Backfisch hat. Immerhin. Die Standbetreiber sind zwar Deutsche, aber bei Frikandeln ist nicht viel falsch zu machen.
Inzwischen ist es 14 Uhr und wir können Weiterfahren zum Einchecken.
Het Winkel – der umstrittene Camp-Riese
Auf dem schmalen Weg zum Campingplatz fallen uns große Schilder von Anwohnern auf, die gegen eine weitere Vergrößerung des Het Winkel Camps protestieren. Auch in der Presse wird über den Widerstand berichtet: 1. Gelderland Zeitung, 2. Achterhoek Nieuws
Wir können das gut verstehen. Inzwischen ist die Anlage sehr, sehr groß geworden und die Zufahrt ist nicht “mitgewachsen”. In der Saison wird es hier sicherlich zugehen wie auf der Autobahn. Und der Camping-Boom bringt nicht nur nette, rücksichtsvolle Menschen mit sich.
Het Winkel – Ankunft
Nun gut, wir haben gebucht, wussten nichts über die Probleme und können es sowieso gerade nicht ändern – also ab auf den Platz (der aber wirklich nicht noch größer werden muss, der ist schon riesig).
Wir waren vor vielen, vielen Jahren schon einmal auf Het Winkel, und die Rezeption ist immer noch so freundlich und entspannt wie zuvor. Wir bekommen die Schlüssel und können direkt zum Chalet, alles fertig.
Und wir sind begeistert, vom ersten Moment an! Das Chalet entspricht exakt der Beschreibung im Internet, es ist sogar noch großzügiger geschnitten, als es auf den Bildern schien. Am besten ist die große Terassentür, die sich komplett öffnen lässt und damit direkt den Wohnraum erweitert. Und da wir ein Bombenwetter haben, können wir das auch gut ausnutzen. Vor allem der Hund ist zufrieden – drinnen oder draußen liegen, ganz wie’s beliebt.
Ok, das Sofa könnte größer sein – aber sonst alles mehr als perfekt. Polly freundet sich mit Max an, dem Nachbarshund. Die Häuser stehen zwar direkt nebeneinander, aber von den Nachbarn bekommen wir sonst nicht viel mit. Man grüßt sich freundlich und lässt sich in Ruhe. Fast besser als mit dem WoMo, denn die Stellplätze sind inzwischen meistens sehr, sehr eng zusammengelegt.
Alles ist schnell ausgepackt und eingerichtet. Ein bisschen Chillen und mit dem Hund auf der Terrasse spielen, dann Einkaufen im Albert Heijn Supermarkt. Dort fallen wir mit unseren Masken direkt als Deutsche auf – denn hier kümmert sich offenbar niemand mehr um Corona.
Inzwischen sind auch Juniors angekommen. Sie waren bei Obelink, dem “Ikea für Camper” hier in Winterswijk, und haben sie sich zwei neue Campingstühle gekauft. Ihr Wohnwagen steht nur hundert Meter entfernt und so können wir ganz entspannt einen gemeinsamen Grill-Abend verbringen.
Zurück im Chalet sinken wir in die Betten – im wahrsten Sinne des Wortes, denn die Matratzen sind extrem weich … wider Erwarten schlafen wir darin aber sehr gut.
Samstag: Shoppen in Winterswijk
Der nächste Tag startet mit strahlendem Sonnenschein und einem großen Familienfrühstück im Chalet. Kurz den Tisch etwas umgestellt, die Terrassenstühle dazu und schon können 6 Personen problemlos sitzen. Es gibt holländische “Weich-Brötchen”, denn Brot und Brötchen können die Holländer einfach nicht, und leider bringt auch das Aufbacken nicht viel, weil wir die Funktion des Kombi-Ofens nicht so richtig verstehen. Aber egal, das ist eben Urlaub. Und der “Hagelslag” (holländische Schokoflocken) schmeckt auch auf weichen Brötchen. Der Jüngste verteilt die halbe Packung auf dem Fussboden … vielleicht sollten wir morgen doch direkt auf der Terrasse frühstücken 😀
Der Hund bekommt einen großen Spaziergang und darf dann im Chalet bleiben. Es ist einfach zu warm draußen und heute ist eine Einkaufs-Tour durch die Stadt geplant, in der es am Samstag meistens recht voll ist – das wäre alles nur Stress für sie. Dank der im Haus integrierten Klimaanlage ist es “am Platz” viel angenehmer, und sie fühlt sich dort sichtlich wohl. Wieder ein Vorteil gegenüber dem WoMo.
Also ab in die Stadt – auf den großen Winterswijker Wochenmarkt, zu Blokker (einem verführerischen Haushaltsladen) und in eine Seitengasse, in der wir bei unserem letzten Besuch vor zwei Jahren einen witzigen Shop entdeckt hatten- das Koffiehus De Koets. Es gibt den kleinen Laden immer noch! Das bedeutet für uns ein neues Teeservice, aus der Serie “Blond Amsterdam” …
Wir holen auf dem Markt noch Gewürze sowie natürlich Käse und Gemüse (der Spargel kostet hier nur halb so viel wie in Deutschland). Hungrig von der Lauferei überfallen wir schließlich einen Imbiss für eine “Frikandel spezial” und Kaassoufflet (frittierte Käsetaschen). Danach teilen wir uns auf, denn die Kids wollen ins Schwimmbad am Camp und wir möchten noch weiterstöbern. Jetzt nach der Coronazeit gibt es viele Rabatte, um die Kauflaune der deutschen Touristen anzukurbeln, und wir erstehen eine witzige Gartenfigur für einen lächerlichen Preis.
Auf dem Rückweg zum Auto sehen wir viele Menschen mit Musikinstrumenten und einige Strassenkünstler. Offenbar startet gerade ein kleines Festival. Wir bleiben bei einem Rapper stehen, der anscheinend witzige Texte über Winterswijk und den “Achterhoek” (die Region hier) singt. Wir verstehen nicht viel, doch alle lachen, also lassen wir uns anstecken und die Stimmung ist super 😀
Kurz vor der Einfahrt zum Camp sehen wir ganz, ganz kleine Pferde und erfahren, dass es hier einige der besten “Shetland-Miniaturzuchten” gibt. Keine Ahnung, was man mit Pferden macht, die nicht viel größer als Schäferhunde sind, aber sie sind total niedich!
Abends wird wieder zusammen gegrillt und es gibt Vla, einen etwas flüssigen, niederländischen Pudding. Mit Schlagsahne. Ist ja Urlaub.
Zum Abschluss genießen wir unseren Tee im Chalet, zappen ein wenig durch den Rest des Eurovision Song Contests (peinliche Schlager …) und schlafen bei Terminator III fast schon auf dem Sofa ein. Was man eben so “hirnfrei” macht nach einem schönen, langen Ausflugstag …
Sonntag: Rückfahrt mit “Schlenkern”
Wir könnten es hier wirklich noch lange aushalten, aber am Sonntag ist das schöne Wochenende schon vorbei. Wie frühstücken nochmal alle gemeinsam, danach ist alles recht schnell eingepackt – genauso entspannt wie bei der Ankunft.
Bei der Abfahrt fällt uns wieder auf, warum die Anwohner keinen noch größeren Campingplatz wollen: der Parkplatz vor der Camp-Schranke ist überfüllt und die Zufahrt regelrecht “verstopft” mit Autos und Fahrrädern. Hier ist anscheinend einer der Treffpunkte für die großen Radtouren in der Umgebung. Es herrscht absolutes Chaos, und wir sind froh, dass wir schnell “vom Hof” kommen.
Wir gehen nochmal zusammen in die Stadt, danach teilen wir uns auf. Juniors machen sich direkt auf den Heimweg, weil sie ja den Wohnwagen “hintendran haben”, aber wir wollen noch weiter, mit kleinen Umwegen Richtung Enschede. Das liegt uns vom Wohnmobilfahren einfach im Blut – kleine Schlenker fahren und unterwegs schöne Dinge und Orte entdecken.
Bredevoort
Ich wollte mir schon lange das Örtchen Bredevoort angucken, das nur ein paar Kilometer hinter Winterswijk liegt. Bredevoort ist als Bücherstadt bekannt, und das zieht uns natürlich magisch an. Und es hat sich gelohnt. Was für eine hübsche, kleine Stadt! Es gibt viel Wasser, niedliche, historische Gassen, viele Buchläden und sogar Bücherregale direkt an den Strassen … irgendwie verfällt man in eine andere Zeit und Dimension. Wir werden auf jeden Fall noch einmal mit etwas mehr Zeit wiederkommen.
- Bericht auf “Das-andere-Holland.de”: Bredevoort
- Hier gibt es ein schönes Video und mehr Informationen: Historisches Bredevoort
- Noch ein schönes Video: Bredevoort Bilder
- Bredevoort leuchtet – ein Lichterfestival im September, das wir uns auch mal anschauen müssen
- Viel Wasser in der Freizeitregion De Slingeplas
Aalten
Wir fahren wenige Kilometer weiter nach Aalten. Wir sind erstaunt, dass Alten für niederländische Verhältnisse ziemlich hügelig ist. Hier stand eigentlich das “Untertaucher”-Museum mit einer Ausstellung über die Niederlande in der NS-Zeit auf unserem Plan, aber wir finden keinen schattigen Parkplatz. Also drehen wir um und fahren Richtung Enschede.
Groenlo
Auf der Suche nach einem WC nehmen wir eine Ausfahrt von der Bundesstraße und gelangen eher zufällig nach Groenlo. Wir stellen wieder einmal fest, dass wirklich jede Stadt in den Niederlanden ihren eigenen, wunderbaren Charme hat. Hier gibt es eine faszinierende Kirche und ebenfalls viele, viele Gassen, die einen eigenen Ausflug wert sind. Zum ersten Mal auf der Reise vermissen wir das Wohnmobil, denn damit wären wir jetzt flexibel genug, noch etwas länger zu bleiben. Und hätten das WC an Bord.
Enschede
Weiter geht es also nach Enschede. Dort kennen wir das Miro-Center, wo wir noch einige Einkäufe für Zuhause erledigen wollen. In Enschede ist jeder Sonntag verkaufsoffen und da die Autobahnverbindung inzwischen fertiggestellt ist, sind wir nur noch anderthalb Stunden von zu Hause entfernt.
Leider sind Hunde im Center nicht in allen Läden erlaubt, also müssen wir ein paar Extrarunden drehen, um den einzigen guten Schattenparkplatz zu bekommen. Immerhin wurden viele neue Bäume gepflanzt, aber die müssen erst noch wachsen, bevor sie wirklich Schatten geben.
Das war mit dem Wohnmobil einfacher, denn darin wird es nicht so warm wie im PKW, die Fenster (vor allem auf dem Dach) können anders geöffnet bleiben und so war es nur selten ein Problem, die Hunde darin zu lassen. Mit dem PKW geht das nicht. Ich springe also schnell alleine in den Albert Heijn Supermarkt und erledige unsere Einkäufe, während M. draußen beim Hund bleibt.
In anderen Geschäften am Miro-Center wiederum sind Hunde erlaubt, also nehmen wir Polly danach mit. Es geht zum Schuhekaufen und sie verhält sich vorbildlich – naja, sie ist ein Mädchen, vielleicht mag sie deswegen den Schuhladen so 😀
Mit einem proppevollen Auto und den Einkäufen für die nächsten 14 Tage fahren wir dann schließlich über die gute neue Autobahnverbindung zurück und sind erstaunlich schnell wieder Zuhause.
Fazit
Das schöne Wochenende hatte den Effekt eines 3-Wochen-Urlaubs. Wir sind gutgelaunt und total entspannt zurückgekommen, mit vielen neuen Eindrücken.
Das Chalet oder eine ähnliche Unterkunft als Alternative zum Wohnmobil hat uns gut gefallen, das werden wir wieder machen.
Unser Vergleich
Vor allem im Sommer ist es toll, wenn man dank Klimaanlage den Hund gut versorgt und stressfrei für ein paar Stunden sicher unterbringen kann. Klar, das ist auch vom Hund abhängig, aber Polly mit ihrem dicken Fell mag lieber auf “das Haus” aufpassen als sich stressig in der Wärme durch die Stadt schleppen zu lassen.
Das Chalet hat natürlich mehr gekostet als ein einfacher Ausflug mit unserem Wohnmobil, dessen Anschaffungskosten längst verjährt sind und das als historisches Fahrzeug sowie mit den Sonderregelungen für Rollstuhlfahrer für uns kaum Unterhaltskosten hat.
Das Bad “im Haus” ist eine feine Sache, statt im Trainingsanzug über den Campingplatz rennen zu müssen – andererseits ist das “Klo an Bord” bei unseren “ZickZack-Entdeckungstouren” wiederum Gold wert.
Mit dem kleinen PKW ist man flexibler in den kleinen Städten unterwegs doch auch mit dem WoMo haben wir nur sehr, sehr selten das Gefühl gehabt, beim Fahren irgendwie eingeschränkt zu sein. Dafür ist es ja immer noch klein genug. Schön beim Chalet oder anderen Unterkünften ist es allerdings, “mal eben” ins Auto springen zu können (statt Strom etc. abbauen zu müssen). Vor allem, weil wir wegen des Rollis am Wohnmobil keine Fahrräder mitnehmen, also auf das Fahrzeug angewiesen sind. Das war hier schon praktisch.
Für uns passt unterm Strich beides, wir können keinen klaren Favoriten bestimmen. Unserer eigenen “Abenteuerlust” kommt das Wohnmobil allerdings näher – es wird also auf jeden Fall repariert.
Dennoch schauen wir uns auch wieder nach einer tollen Unterkunft um, denn es gibt noch Hausboote, die man zum Beispiel am IJsselmeer mieten kann, und DAS möchten wir unbedingt bei nächster Gelegenheit ausprobieren:
Also dann – Tot ziens! (Auf Wiedersehen!)